Die Geschichte des Staates AMAZONAS

 

Wie heute bekannt ist, lebten bereits tausende von Jahren vor Christi Geburt Menschen auf dem Gebiet des heutigen Brasilien. Wissenschaftler streiten, ob der Kontinent, insbesondere das brasilianische Staatsgebiet zuerst von einwandernden Sämmen des Nordens (über eine Landbrücke zu Alaska) oder von Süden her auf dem Seeweg entdeckt wurde. 

Als technisch möglich gilt auch die Annahme, dass kühne Seefahrer den Kontinent lange vor Columbus von Europa, Ozeanien oder Australien aus erreichten. Bei Grabungen entdeckte Funde untermauern immer wieder diese Theorien. Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind jedoch nicht erhalten. Erst über Columbus erfuhr man in Europa von der Neuen Welt.

Schließlich landete der  portugiesische Entdecker Pedro Alvares Cabral mit seiner Mannschaft  am 22. April 1500 nahe des heutigen Badeortes Porto Seguro im Süden des Bundesstaates Bahia. Er nahm hier, wie damals üblich durch Einstecken der Flagge des Königs die neuen Ländereien für die portugiesische Krone in Besitz.

Bereits am 7. Juni 1494 hatten Portugal und Spanien im Vertrag von Tordesillas die Neue Welt so unter sich aufgeteilt, daß ein Drittel des heutigen Brasiliens Portugal zufiel. Die einfallende Armada Cabrals war die modernste und am besten ausgerüstete ihrer Zeit und eigentlich auf dem Weg, den Seeweg nach Indien zu entdecken.

                             Die Route Cabrals zur Entdeckung Brasiliens

Pero Vaz de Caminha erstellte als Chronist Cabrals die ersten Aufzeichnungen über Brasilien, das zuerst„Terra da Vera Cruz" (Land des wahren Kreuzes) und kurz darauf„Terra da Santa Cruz" (Land des heiligen Kreuzes) genannt wurde. Unter dem Symbol der heiligen Kirche Roms, meist als rotes Kreuz auf weißem Grund, als weithin sichtbare Zeichnung ihrer vom Wind geblähten Segel segelten über viele Jahrhunderte die Schiffe der Entdecker. „Diese Menschen erscheinen mir von einer solchen Unberührtheit ...", notierte er über die Völker der Tupi und Guarani, welche den Entdeckern an den Küsten zuerst begegneten. "TUPI" ist auch heute noch als Oberbegriff für Indios im Nordosten Brasiliens gebräuchlich.


1501 und 1502 bereist Amerigo Vespucci die brasilianische Küste und beweist erstmals, daß es sich bei dem neuen Land nicht um eine Insel handelt, wie zunächst angenommen. Vespucci beschreibt auch erstmalig das rote Brasilholz, (Madeira Brasil, madeira vermelho) das dem Land seinen Namen gab und enteckt die Mündung des Amazonas. Fast zeitgleich kamen auch die ersten Spanier in der Amazonasmündung an. Sie wagten jedoch beide keinen Vorstoß in die abschreckende Wildnis. Ihre Schiffe waren auch wenig für eine Flußauffwärtsfahrt mit zahllosen Untiefen und Baumstämmen geeignet.

Der portugiesische König João III. teilte das Territorium 1534 in zwölf Kapitanien ein, deren eigentliche Ausmaße den Eroberern jedoch noch weitestgehend unbekannt waren. Diese riesigen Ländereien, die der König als Schenkungen mit völliger Autonomie vergibt, bilden den Ursprung der heutigen nördlichen brasilianischen Bundesstaaten.

Der größte davon ist heute der Bundesstaat Amazonas, dieser war zunächst kleiner, später auch mal größer als heutzutage, denn es gab immer wieder Unstimmigkeiten mit dem jetzigen Bundesstaat Para, welcher östlich angrenzt und schließlich folgte die Unabhängikeit Amazoniens 1848 mit Gründung der Hauptstadt Manaós. (heute Manaus)

                         Ankunft der Eroberer

Die ersten Spanier waren, nach der Entdeckung des neuen Landes in der Mündung des heutigen Amazonas nach tagelangem Umherirren wieder umgekehrt und der einstige Begleiter von Columbus, Vincente Yanez PINZON brachte die Kunde vom großen Strom 1508 nach Spanien. Er nannte den Fluss Maranjón, nach der gleichnamigen Insel.

Nach der Umfahrung des Kontinents durch MAGALLÃN brach der Spanier PIZARRO mit seinem Heer in das Inka-Reich der Anden ein und unterwarf es. Aber ein neu entdeckter, unbekannter Bergfluss der Anden, von dem Eingeborene berichteten, er würde sich zu einem großen Strom weiten und durch ein sagenhaftes Goldreich namens EL DORADO führen, weckte in Gonzalo PIZARRO und seinem General Francisco de ORELLANA die Gier und Abenteuerlust.

Sie brachen von den peruanischen Bergen im Jahre 1541 mit 4000 Mann an Soldaten und Trägern, einer Herde Lamas, Proviant, Bluthund-Rudeln, Kanonen und billigen Tauschwaren auf. Sie stiegen die Berge hinab und folgten dem zunächst nicht schiffbarem Strom. Nach vielen Wochen und unsäglichen Strapazen wurde eine Brigantine gebaut. Mit diesem Schiff, welches erstmals statt mit Teer durch Kautschuk abgedichtet wurde, folgten sie weiter dem Fluss stromab.

Einmal zerschellte das Boot, immer wieder wurden sie von Indianern angegriffen, denn dem marodierenden Heer ging ein übler Ruf voraus. Es hatte sich unter den Indianern am Flus herumgesprochen, dass die Weissen in ihrer Gier nach Gold maßlos folterten und mordeten. Schließlich gelang die Fahrt und  nach zwei Jahren kehrten von der Armada nur noch 80 Mann, darunter ORELLANA selbst, nach Spanien zurück. Der Rest war in Kämpfen gefallen, verhungert oder Krankheiten erlegen. Aber der Amazonen-Strom, der wasserreichste Fluss der Erde, mit fast 7000 km Länge, war entdeckt.

                          Brigantine - mit diesem Schiffstyp wurde der Amazonas zum ersten Mal befahren

 Seinen Anführer PIZARRO lies ORELLANA durch Verrat zurück, sie hatten das Riesenheer des besseren Fortkommens wegen geteilt. PIZARRO wurde bei Rückkehr ORELLANAs nahezu zeitgleich in Peru bei einem Aufstand ermordet. Das Schicksal hatte erneut für ORELLANA entschieden, er wurde vom König zum Gouverneur des neu entdeckten Landes, welches Neu-Andalusien geheißen wurde, ernannt.

Er und seine Mannen hatten auf ihrem Weg eine Blutspur in den indianischen Dörfen hinterlassen und das Reich des Goldenen Königs, wie EL DORADO übersetzt heißt, nicht gefunden. Aber ORELLANA hatte bei einer Flußaufwärtsfahrt am Rio Negro den Stamm der MANAO entdeckt.

 Er wurde von ihnen jedoch zunächst zurückgeschlagen und konnte die Siedlung MANAO, das heutige MANAUS, nicht erobern. Bei einem neuen Versuch 1545, begleitet von 100 gewandten Degenfechtern des spanischen Hochadels kam ORELLANA vermutlich um. Niemand hat je wieder von ihm gehört, nach dem er vom Ozean aus erneut aufbrach, MANAO zu erobern.

Die spanische Krone stellte die Suche bald ein und verlor das Interesse an der "furchterregenden Wüstenei". Einige entflohene Soldaten ORELLANAs siedelten sich entlang des Stromes an und sind damit unter anderen die Urahnen der CABOCLOS, jener Mischung aus Indios und Einwanderern in Amazonas. Durch die Aufgabe Spaniens konnte es auch geschehen, dass die Portugiesen den "AMAZONENSTROM" in ihren Besitz nahmen. Einer Version zufolge rührt der Name  vom sagenumwobenen Volk der AMAZONEN, jene kriegerischen Frauen, welche auch die kriegserfahrenen Söldner ORELLANAs in die Flucht geschlagen haben sollen.

Im Laufe von vier Jahrhunderten folgte nun ein Heer von Eroberern, Glücksrittern, Kaufleuten, Priestern, Wissenschaftlern, Reisenden und Jägern verschiedener Nationen, die den großen Strom und seine Bewohner unterwerfen, nutzen, ausplündern, beschreiben, befahren oder erleben wollten. Und viele von ihnen blieben für immer dort, wenige lebend ...

Krankheiten und Kämpfe mit Indianern forderten ihren Tribut. Besondere Verdienste um den Schutz der Indianer erwarben sich deutsche Jesuiten und Karmeliter, welche sich besonders am oberen Rio Negro ab dem 17 Jh. niederließen und später von den Portugiesen vertrieben wurden. Es waren ihrer nicht viele, Chroniken berichten von 10-20 dauerhaft ansässigen Missionaren im gesamten Amazonasgebiet.

                               Klassische Bauweise der Indio-Häuser am Rio Negro

Die verheerenden Epidemien, denen ganze Indianer-Tribus erlagen, wurden vermutlich vorallem durch die europäischen Missionare nach Amazonien eingeschleppt. Man kann ihnen daraus aus heutiger Sicht keinen wirklichen Vorwurf mehr machen, denn zu ihrer Zeit hatte man noch nicht das medizinische Wissen von heute. So hatten die Kirchenmänner keine Ahnung von dem Schaden, den sie durch ihre bloße Anwesenheit anrichteten.

Der Schutz der Ureinwohner war natürlich nicht im Sinne der Kolonisatoren und so verbot 1755 der portugiesische König den Jesuiten  den weiteren Kontakt zu den Indianern in Amazonas und kurze Zeit später wurden die Jesuiten ausgewiesen.

Von der immer weiter fortschreitenden Entwicklung im Süden des Landes bekam man in Amazonas bis zur Erfindung der Vulkanisation kaum etwas mit.

Der erste wissenschaftliche Bericht über Amazonas stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, vom französischen Mathematiker Charles Marie de La Condaime, der im Jahre 1743 den Amazonas einige Monate bereiste. Als er wieder nach Europa zurückkehrte, brachte er als Erster jene klebrige, harzhaltige Flüssigkeit mit, die später eine industrielle Revolution in Amazonas auslösen sollte: Kautschuk - Den Saft des Gummibaums. Die Indianer nennen ihn "Baum der weint - Kao chuk".  

Der wohl bekannteste Forscher am Amazonas war sicher  Alexander von Humboldt, der um 1800 fünf Jahre durch Südamerika reiste und dabei auch die natürliche Verbindung zwischen Rio Negro und Orinoco erkannte.

                                   Bürgerhaus aus der goldenen Zeit

Mit dem Gummiboom kamen Leute wie DUNLOP und MICHELIN nach AMAZONAS und Manaós wie Manaus damals hieß, erlebte einen Aufschwung ohne Gleichen und galt um 1900 die als die reichste Stadt der Welt. 1856 wurde das berühmte "Opernhaus im Urwald", das Teatro Amazonas fertiggestellt und eröffnet. Nach dem aber in Asien die ersten ertragreicheren Kautschukplantagen enststanden, geriet Manaus bald in Vergessenheit.

                 Manaus Tram um 1902

Die Infrastruktur des Gesamt-Staates entwickelte sich nur langsam, riesige Entfernungen zwischen den einzelnen Siedlungen behinderten die wirtschaftliche Entwicklung von Anfang an.

 Auf den fast 1000 km von Manaus bis zur venezuelanischen Grenze entlang der BR 174, der bedeutensten von zwei großen Überlandstraßen in Amazonas, welche zu über der Hälte durch den Staat Roraima verläuft, kommt man nur durch zwei nennenswerte Orte, Presidente Figueiredo ca. 13.000 Einwohner  (erst am 10.12.1981 gegründet), und die Stadt Boa Vista, (Hauptstadt von Roraima) mit ca. 200.000 Einwohnern. Nach Süden wird die Strasse nun weitergeführt über die Ponta Rio Negro, die zweitgrösste Brücke Südamerikas, fertiggestellt 2011.

Entlang der großen, schiffbaren Flüsse entwickelten sich im 19. Jh. eine Vielzahl neuer Siedlungen, die großen Häfen und Fabriken wurden jedoch in Belém und Santarem, im Staate Para, erbaut. Wagemutige Ingeneure machten sich an den Bau einer Eisenbahn in Amazonas, von Porto Velho aus. Dieses Projekt entsprach dem Zeitgeist von damals, sich die Natur untertan zu machen und war an sich vollkommen unökonomisch. Viele Arbeiter verloren während des Baus ihr Leben. Heute noch kann man die Reste der Bahn als kurze Museumsstrecke bestaunen.

                          Wasserflugzeug-Staton

AMAZONAS ist ein Land des Wassers und des tropischen Urwaldes. Manaus liegt wie eine Insel darin. Dort sind, dank der Proklamation zur Freihandelszone am 06.06.1957 und der Erreichbarkeit für Hochseeschiffe Hochtechnologie, Industrie und überregionale Kultur des Staates beheimatet.

Heute wird man im Bezirk Centro von Manaus sicher genau soviele Internet-Cafés, Handy-Süchtige und Facebook-Sklaven wie in jeder anderen westlichen Großstadt finden - Die Globalisierung ist auch mit ihren negativen Seiten in Amazonas schon lange angekommen.

 

Ein besonderes Zeugnis indianischer Hochkultur und des Naturverständnisses indigener Völker Amazoniens ist die "Terra Preta" - die schwarze Erde.

Hier wurde von Wissenschaftlern nachgewiesen, dass die frühen Siedler des Amazonas durch gezielten Anbau bestimmter Pflanzen in Verbindung mit zeitlichem Anbauverzicht einen erstklassigen, von gesundem Wurzelwerk durchdrungenen Humusboden schufen, der noch heute ähnlich auch den Torfgebieten in Europa erhalten ist.

So konnte das heutzutage beobachtete Wegschwemmen des Bodens verhindert und eine dauerhafte, ertragreiche Feldwirtschaft gesichert werden.

Das Klima und die Unwegsamkeit weiter Teile von Amazonas verhinderten bis jetzt großflächigen, profitablen Holzeinschlag wie in anderen Teilen Brasiliens. Der Abtransport wäre einfach zu teuer. In europäischen Berichten wird oft das Staatsgebiet von Amazonas mit dem geografischen Amazonasbecken verwechselt. Die schlimmsten Bilder von Urwaldrodungen stammen eigentlich aus dem Bundesstaat Para.